Das Gladbacher Haus
Mit der Entwicklung der Textilindustrie seit den 1850er Jahren wächst und wächst die Bevölkerung in Mönchengladbach.
1798 errichteten die Franzosen am Rhein ein für Textilien aus dem Textilrevier um Wuppertal undurchdringliche Zollschranke. Handweber und Textilkaufleute kamen an den Niederrhein, um hier auf französischem Gebiet ihre Geschäfte weiter führen zu können. Nach 1850 war es der Einzug der Dampfmaschine und die Fabrikproduktion, die Arbeitskräfte erforderte. Allein in der Gladbacher Spinnerei und Weberei Aktiengesellschaft 1856 gegründet arbeiteten bis zu 1000 Menschen. Nicht alle die in den Fabriken in der Stadt arbeiten wohnten auch in der Stadt. Um den Fußweg nach langen Arbeitstagen zu den Wohnungen außerhalb der Stadt zu sparen, waren Wohnungen in der Stadt gesucht.
Das Gladbacher Modell - Sozialkatholizismus gegen Klassenkampf.
Die christlichen Unternehmer in der Stadt hatten relativ schnell erkannt, dass es günstig ist Unruhe und Unzufriedenheit unter den Arbeitskräften, die 12 Stunden und mehr an sechs Tagen in der Woche arbeiteten, mit Löhnen, die oft die Existenz nicht sicherten, zu verhindern, wenn „der Laden laufen“ sollte.
Kirche und Unternehmer predikten nicht nur gemeinsam Zucht und Ordnung und Sittsamkeit sondern bemühten sich auch gemeinsam um die Lebensumstände der Arbeitskräfte. Mönchengladbach wurde mit diesen Bemühungen, in denen es auch darum ging linke Umtriebe zu unterbinden, zu einer sozialpolitischen Reformwerkstatt.
Um die Wohnverhältnisse der Arbeiterschaft zu verbessern gründeten christliche Unternehmer 1869die Gladbacher Actien-Bau-Gesellschaft. Sie zahlten das Gründungskapital, das die Grundlage für eine enorme Bautätigkeit war. Bis 1911 baute die Gesellschaft ca 15% aller Häuser in der Stadt. 15 % der Einwohner lebten in einem Haus der Gesellschaft
Das „Gladbacher Haus“ war ein Doppelhaus, das entworfen wurde, um „den weniger bemittelten Einwohnern Mönchengladbachs billige, gesunde, gut eingerichtete, das Familienleben fördernde Wohnungen zu beschaffen“. Die Besonderheit in Mönchengladbach war, dass die Mieter die Häuser in einem Mietkaufverfahren erwarben. Nach einer vereinbarten Mietdauer waren sie Besitzer der Häuser.
An der Akteinstraße wurden nicht ohne Grund bereits wenige Jahre nach der Gründung Baugesellschaft die ersten Häuser errichtet.
Die Häuser mussten preiswert errichtet werden, um den Mietkauf überhaupt den „weniger Bemittelten“ den Kauf zu ermöglichen.
Mit der Zunahme der Bevölkerung hatte die Stadt 1863 einen Stadtbauplan erlassen, der die zukünftige Bebauung in der Stadt regelte. Dahl lag im dritten äußeren Siedlungsring, in dem die Grundstücke am preisgünstigsten waren. Zudem fand man vor Ort Sand und Lehm, die wichtigsten Baustoffe, die die Bewegung der Bodenmassen am Ende der Eiszeit zurückgelassen hatten. In Ringziegelöfen, die in unmittelbarer Nähe der Baustelle gebaut wurden, würden die Feldbrandziegel hergestellt, aus denen die Häuser erbaut wurden.
Da die Gesellschafter der Aktien – Baugesellschaft nicht ohne Einfluss in der Stadt waren, erreichten sie zur Minderung der Baukosten, dass die im Stadtbauplan vorgesehene Straßenbreite von 10m auf 7m reduziert wurde. Auf Wasseranschluss und Kanalisation wurde ebenfalls aus Kostengründen verzichtet, obwohl Wasserwerk und Wasserturm nur einen Steinwurf entfernt errichtet wurden. Brunnen, Schwengelpumpe und Plumpsklo waren die Alternative.
900 Häuser existieren noch heute in der Stadt.