Kamillianer - von der "Röchelklinik" zum Kolumbarium
Die Geschichte des Ordens der Kamillianer geht auf Kamillus von Lellis, dort geboren am 25.05.1550 / in Rom verstorben am 14.07.1614 zurück. Kamillus wurde im Jahre 1746 von Papst Benedikt XIV. heiliggesprochen. Da er zu Lebzeiten sein Leben in den Dienst der Kranken gestellt hatte, ernannte ihn Papst Leo XIII. zum Schutzpatron aller Kranken und aller Krankenhäuser und Papst Pius XI. im Jahre 1930 zum Schutzpatron aller Krankenpflegkräfte.
Am 01.05.1924 verfügte ein Erlass des Ordens der Kamillianer aus Rom, dass „in jeder Provinz ein Krankenhaus, das Kranke und Invalide aufnimmt, zu errichten ist“. Die damalige Rheinprovinz umfasste die Regierungsbezirke Aachen, Düsseldorf, Koblenz, Köln und Trier. Zufällig lernte der damalige Provinzobere Pater Hubertus Beckers -ein Gladbacher Junge- auf einer Bahnfahrt den damaligen Oberbürgermeister unserer Stadt, Franz Gielen, kennen und sprach mit ihm über das geplante Vorhaben.
Einige Zeit später trat der Oberbürgermeister an Pater Hubert Beckers heran und bot ihm für den Bau der gewünschten Einrichtung das ca. 19 Morgen große Gelände der ehemaligen „Quackschen Gärten“ an. Letztlich erwarb der Orden das Grundstück noch am 27.12.1928 zum Preis von 60.000 Goldmark von der Stadt. Für die Stadt eine wichtige Entscheidung, da das Stadtgebiet sich zum Jahre 1929 in unmittelbarer räumlicher Nähe durch die Vereinigung mit der Stadt Rheydt zur größeren Stadt Gladbach-Rheydt entwickelte.
Mit der Planung und dem Bau des gesamten Komplexes bestehend aus Krankenhaus, Kloster und Kirche wurde Prof. Dominikus Böhm beauftragt; dem zu dieser Zeit schon herausragenden Kirchbaumeister. Prof. Böhm nutzte bei all seinen Bauwerken das Zusammenspiel von Raum und Licht und erreichte dadurch Effekte wie in einem Lichtspielhaus.
Die Grundsteinlegung für das Kloster und das Krankenhaus erfolgte am 16.04.1929; nach bereits fünf Monaten konnte am 23.09.1929 das Richtfest gefeiert werden.
Zu einer Ordensniederlassung gehörte notwendigerweise auch eine Ordenskirche. Dies erforderte eine gesonderte Genehmigung durch den Kölner Kardinal Erzbischof Karl Joseph Schulte. Nachdem diese Genehmigung am 02.06.1928 erteilt wurde, konnte am 06.04.1930 unter riesiger Beteiligung der Bevölkerung die feierliche Grundsteinlegung erfolgen. Unter der Bauleitung des von Prof. Böhm beauftragten Architekten Karl Schmidt fand nach insgesamt nur rund 800 Tagen Bauzeit am 28.06.1931 die feierliche Einweihung des Gesamtensembles statt.
Infolge des durch Papst Paul VI. initiierten vatikanischen Konzils (1962 – 1965) erfolgte eine Erneuerung der katholischen Liturgiefeiern und dadurch auch im Jahre 1968 die Anpassung des Chorraumes. Bereits im Jahre 1994 wurde der Chorraum erneut umgestaltet und die heute noch aktive Orgel aus der Werkstatt des Mönchengladbacher Orgelbaumeisters Martin Scholz errichtet.
Das Krankenhaus wurde als Krankenhaus für Asthmakranke und Atemwegsbeschwerden im Jahre 1931 eröffnet; von der Dahler Bevölkerung liebevoll als „Röchelklinik“ (oben "Zimmer mit allergiefreien Kammern") bezeichnet. In den Kriegsjahren 1939 – 1945 wurde es als Lazarett genutzt und später wieder dem ursprünglichen Zweck zugeführt. Im Jahre 1985 erfolgte durch den Mönchengladbacher Architekten Heinz Aretz ein Anbau als Neubau, der später dann noch einmal durch Hinzunahme der Fachabteilung Angiologie erweitert wurde. Das Ensemble des Altbaus wurde am 24.06.1992 in die Denkmalliste der Stadt Mönchengladbach unter K 062 eingetragen.
Ende der 20. Jahrhunderts hatte sich die Krankenhauslandschaft soweit verändert, dass der Trend zu größeren Krankenhauseinheiten überall erkennbar war. Diese Entwicklung hatte auch der Orden der Kamillianer weitsichtig erkannt. Auch hatte der Orden zu diesem Zeitpunkt nicht mehr die personellen Ressourcen das Krankenhaus selbständig zu betreiben. Zum 01.01.2002 übernahmen die Kliniken Maria Hilf als bedeutender Krankenhausträger unserer Stadt das Krankenhaus mit den vorhandenen Disziplinen und führten es bis zum Jahre 2012 in eigener Verantwortung an diesem Standort weiter.
Bereits Ende der 90er Jahre hatte die H & J. Jessen Baugesellschaft vom Orden der Kamillianer verschiedene Grundstücke entlang der Kamillianerstraße, der Brunnenstraße und dem Seilerweg erworben und dort straßenbegleitend eine Vielzahl von Ein- und Mehrfamilienhäusern errichtet. So war es nicht verwunderlich, dass sich der Orden und die Kliniken Maria Hilf bereits im Jahre 2012 zuerst an die H & J. Jessen Baugesellschaft wandte, um diese zu befragen, ob sie ein Konzept für die zukünftige Nutzung des Geländes möglichst im sozialen Bereich entwickeln könne. Dabei war auch erklärt worden, dass den im Kloster lebenden Menschen ein Bleiberecht auf Lebzeiten -jedenfalls, wenn diese wollen- garantiert werden müsse.
Auf dieser Grundlage entwickelte die H. & J. Jessen Baugesellschaft dann einen Vorschlag, das Gesamtensemble zu erwerben und den denkmalgeschützten Altbau des Krankenhauses zu einer Krankenpflegeschule für die „Akademie für Gesundheitsberufe (KBS)“- einer Tochtergesellschaft der Kliniken Maria Hilf- umzubauen. Für den Neubau des ehemaligen Krankenhauses konnte eine neue Nutzung vereinbart werden, in dem dort ab Anfang des Jahres 2016 durch die Sozial-Holding der Stadt Mönchengladbach GmbH ein Altenpflegeheim mit 81 Plätzen in Einzelzimmern und 12 selbständige Altenwohnungen errichtet wurden.
In dem für Altenheim und Krankenpflegeschulke frei zugänglichen wunderschönen Außenanlagen mit altem Baumbestand war dann noch Platz genug, einen Kindergarten anzusiedeln. Gemeinsam entwickelten die Arbeiterwohlfahrt und die Firma SMS Meer dort die viergruppige Kindertagesstätte “Meerblick“
Bereits zu Beginn des Jahres 2013 hatten sich der seit dem 15.09.1989 allein verantwortliche Krankenhausseelsorger Pater Ferdinand Pützhoven und die H. & J. Jessen Baugesellschaft darüber Gedanken gemacht, wie denn mit der Kirche umgegangen werde, wenn er selbst den Dienst nicht mehr aufrechterhalten könne. Die Lösungen gingen von Wohnungen über Kletterkirche bis hin zu einer näher nicht durchdachten gewerblichen Nutzung.
Alle Beteiligten waren damals wenig davon angetan, dass dieses einmalige Kirchenbauwerk einem eher so profanen Zweck zugeführt werden könne. Da für das gesamte Ensemble seit Beginn der verschiedenen Umnutzungen immer im weiteren Sinne eine soziale Folgenutzung angedacht war, wurde entschieden, die Möglichkeit zu prüfen, ob nicht die Krankenhauskirche in eine Grabeskirche / ein Kolumbarium umgebaut werden könne. Das Ergebnis der Prüfung ist bekannt.
Der Orden der Kamillianer vereinbarte mit dem Bistum Aachen daraufhin, dass das Kirchengebäude am 17.0.2014 entwidmet / profaniert wird. Auf der Grundlage einer gültigen Baugenehmigung und einer entsprechenden baurechtlichen Genehmigung begann dann im Spätsommer des gleichen Jahres der Umbau nach den Plänen der bdmp Architekten & Stadtplaner GmbH.
Durch die feinfühlig eingebrachten Änderungen der mit der Arbeit betrauten Architektin Katja Mehring, sind diese auf den ersten Blick kaum erkennbar. So wurde der Windfang entfernt und die Galerie, die in der Anfangszeit sowohl die Orgel als auch Bettenplätze für den Besuch der Gottesdienste enthielt, in den Kirchenraum hinein verlagert. Die einzelnen Ebenen liegen auf schmalen Säulen, die Transparenz der Konstruktion wird durch die gläsernen Geländer gefördert.
Im Hauptschiff, dem Nebenschiff und auf der Galerie befinden sich die Urnenschränke mit 2.581 Grabkammern; aufgeteilt in Einzel-, Doppel- und Familiengräbern. Zwei Drittel der Kammern sind mit Messingplatten und ein Drittel mit Abdeckungen aus Marmor, der von hinten beleuchtet ist, verschlossen. Dadurch wird eindrucksvoll das von Prof. Böhm gewollte Zusammenspiel von Raum und Licht erhalten.
Die erste beiden Beisetzung fanden am 25.08.2015 statt; die offizielle Eröffnung wurde am 01.11.2015 unter großer Beteiligung der Dahler Bevölkerung gefeiert.