Wissenswertes

Hier findest Du, wenn Du runter scrollst,  Informationen zu

  • Siedlungsgeschichte - vom Weiler "Thal" zum heutigen Stadtteil Dahl
  • Nächstenliebe und Solidarität bewährt sich im Ernstfall – Die Rettung der jüdischen Familie Vergosen aus Dahl 
  • Kreuznachbarschaft und Kommunistenviertel – wie passt das zusammen? 
  • Von der Selbstversorgung zum Supermarkt
  •  Kleingärten in Dahl – der Garten im Grünen – zwischen Notwendigkeit und Freizeitvergnügen
  •  Die Borussia von Dahl

weitere folgen: 

 

Vom Weiler "Thal" zum heutigen Stadtteil Dahl


Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts war Dahl ein kleiner Weiler von 10 Häusern. Hier lebten ca 100 Menschen. 

Warum gerade hier?

In der umfangreichen Darstellung der Stadtgeschichte  (Loca Desiderata) werden einige Gründe genannt, weshalb die Menschen sich im Tal niederließen. Die Stadt Gladbach – Stadtrechte seit 1365 - konnte in ihren Mauern, die sie heute auf dem Altstadtrundweg in gut einer halben Stunde umrunden können. mit einer geschätzten Einwohnerzahl von ca. 5000 Menschen im Laufe der Jahrhunderte nicht mehr alle Menschen aufnehmen.
Menschen, die nach Galdbach kamen und nicht Kaufleute und Handwerker waren, ließen sich deshalb vor den Mauern der Stadt nieder. Für sie hätte das Wohnen innerhalb der Mauern nur Nachteile gehabt. Um Häuser in der Stadt zu errichten hätten sie in der Stadt knappen Grund erwerben müssen und zur Bestellung der Felder im Nebenerwerb aus der Stadt herausgehen müssen.  Das Tal mit seiner ertragreichen Lehm und Lößböden bot den Menschen, die im „Thal“ wohl meist als Handweber und Tagelöhner tätig waren gute Bedingungen für die neben dem Hauptberuf betriebene Landwirtschaft, die wohl nicht mehr als den Eigenbedarf deckte. 

Seit 1577 ist der Dahler Kirchweg bekannt, was darauf schließen lässt, dass die Besiedlung um diesen Zeitpunkt begann und die Bewohner von „Thal“ auf diesem Weg Sonntags zur Messe in die Pfarrkirche am Alten Markt gingen. Die Grenze des Pfarrbezirks wurde gegenüber Rheydt im Süden durch die noch heute bestehende Landwehr gesichert. 

Der Alltag in Armut
Über den Alltag und das Leben dieser Menschen wissen wir wenig aus deren Mund. Heute wird als sicher angesehen, dass diese Menschen immer an der Armutsgrenze lebten. Sie waren abhängig von Konjunkturen in der Textilwirtschaft und ihren Verlegern, denen sie den Stoff verkauften, abhängig vom Ertrag ihrer Felder und den steigenden Preisen für Lebensmittel in schlechten Erntejahren. Sie waren froh, wenn sie die eigene Familie mit dem Ertrag Ihrer Hände Arbeit durchbrachten. Ende des 18. Jahrhunderts wurde hier sogar das Sonntagsarbeitsverbot für die Handweber aufgehoben, weil 14 Stunden Arbeit an sechs Tagen mit der gesamten Familie nicht mehr zum Lebensunterhalt ausreichten.

Obrigkeiten
Ob und wie diese Menschen vom Wechsel der Obrigkeit betroffen waren und ob sie dies überhaupt in ihrem Alltagsleben berührte, ist schwer zu sagen. Bis 1794 gehörte „Thal“ und die umliegenden Honschaften, wie hier die kleinen Nachbarschaften bis heute genannt werden, zum Steuerbezirk Obergeburt. Der existierte bis 1907 und gehörte zum Herzogtum Jülich-Berg. Ab 1794 im gleichen Steuerbezirk kam Dahl unter französische Herrschaft (ab 1804 Roerdepartment), ab 1814 fanden sich die „Dahler“ in der Preußischen Rheinprovinz wieder, ab 1871 schließlich im Deutschen Reich. 1907 gehörten sie zur Spezialgemeinde Gladbach–Land mit dem Rathaus in Waldhausen auf der Nikodemstraße, 1921 nach der Eingemeindung zur Stadt M-Gladbach, die bis 1975 als selbständige Stadt existierte und dann mit Rheydt und Wickrath zur Stadt Mönchengladbach wurde.

Die Industrialisierung verändert Dahl
Die sich in Mönchengladbach seit den 1850er Jahren entwickelnde Textilindustrie mit Textilmaschinenfabriken, Spinnereien, Webereien, Färbereien, Kleiderfabriken gibt dem Stadtteil Dahl über die Jahrzehnte das Gesicht, das wir heute noch gut wiederentdecken können. Arbeiter, die nach Mönchengladbach aus dem Umland und auch aus weiter entfernten Gebieten des Deutschen Reiches und auch aus dem Ausland zuwandern, finden hier Wohnungen, Gaststätten, Lebensmittelgeschäfte, Bäcker und Metzger und einen Fußballplatz. 

 1852 wird die Eisenbahnverbindung nach Rheydt gebaut, die 1903 auf einen Damm gelegt wird.
 1857 erfolgt die Gründung der Stiftung Hephata an der Rheydter Straße
 1861 wird die erste Schule mit einem Klassenzimmer und darüberliegender Lehrerwohnung an der Brunnenstraße gebaut.
 1870 beginnt die Aktienbaugesellschaft mit dem Bau der ersten Häuser auf der Aktienstraße.
 1877 entsteht die zweite Eisenbahnstrecke nach Rheydt entlang der Landgrafenstraße.
 1880 wird der erste Wasserturm der Stadt am Ohlerkirchweg gebaut und das Wasserwerk an der Brunnenstraße
 Um 1900 zieht die 1872 gegründete Maschinenfabrik Meer an die Landgrafenstraße
1910 ist die Brunnenstraße und die Aktienstraße durchgehend bebaut. 
In den nächsten einhundert Jahren ging es darum wer und was sich ausbreitet und wer und was für Neues Platz macht.

Nächstenliebe und Solidarität bewährt sich im Ernstfall – 
Die Rettung der jüdischen Familie Vergosen in Dahl 

Auf der Brunnenstraße 177 führten Bernhard Levy (1859 - 1934) und seine Frau Julie (1861-1934) ihr Tabakwarengeschäft.

Sie waren ein traditionsbewusstes gläubiges jüdisches Ehepaar, eingebunden in eine große Verwandtschaft, die schon lange in Mönchengladbach lebte. Sie sprachen Jidisch. Hebräisch konnten sie sprechen, lesen und schreiben. Julie hatte eine jüdische höhere Schule besucht. Das Essen wurde koscher zubereitet. Der Sabbat wurde gefeiert wie die jüdischen Festtage. 
 Für Ihre Tochter Johanna (1901-1986) hatten sie klare Vorstellungen. Sie sollte einen jüdischen Mann heiraten und wie sie eine jüdische Familie gründen. 
 Doch wie es so oft im Leben ist, der Mensch plant und draußen ereignet sich das Leben. Johanna verliebt sich in den katholischen Johann Vergosen (1896-1956) aus Viersen, sie bekommen ihr erstes Kind Max (1927-1991), aber eine Einwilligung zur Hochzeit mit einem Katholiken erhält Johanna von ihren Eltern nicht. Max wird in den Haushalt der Großeltern aufgenommen. Erst als Ruth das zweite Kind 1932 geboren wird, erhalten sie die Einwilligung zur Hochzeit und leben mit den Eltern Levy auf der Brunnenstraße. Nach dem Tod der Großeltern führten die Vergosens das Tabakgeschäft weiter, zwei weitere Kinder Hans (1937) und Herta (1938-1988) werden geboren. Das streng jüdische Leben der Levys gaben sie auf. Die Familie selbst und die Nachbarn wussten, dass sie Juden waren.

Für Ruth, auf deren Beschreibung sich diese Darstellung stützt wird ab 1939 klar, was jüdisch sein im NS Staat bedeutet. Sie und der Bruder Max und die Mutter mussten den gelben Stern tragen Mutter jüdisch, Kinder jüdisch. Er wurde der Familie persönlich von der Gestapo überbracht. Der Stern war an der Kleidung sichtbar zu tragen. Am Spatzenberg bei der Gestapo musste vorgeführt werden, dass der Stern auch ordnungsgemäß angenäht war. Die Benutzung des Bürgersteigs war Juden verboten, Parkbänke, Geschäfte Restaurants, Straßenbahn waren von Stund an „nur für Arier“ erlaubt.
 Als die Repressionen auf die Juden zunahmen, und Gestapoleute in der Wohnung der Vergosens randalierten, tauchte die Mutter unter, wurde von den Nachbarn an unterschiedlichen Orten zunächst versteckt. 
 Hilfe der Nachbarn anzunehmen war eine schwierige Entscheidung, weil Alle - Unterstützer und Unterstützte - wussten, wie hoch das Risiko war. So lehnte die Familie das Angebot des Lehrer Bell, obwohl NSDAP Mitglied, von der Schule Brunnenstraße ab, Ruth privat zu unterrichten, als es keine Schule mehr für jüdische Kinder gab. 

 


Der Vater, der bei Schlafhorst als Monteur arbeitete wurde vom Chef Dr. Reiners immer wieder als „kriegswichtiger Spezialist“ vor der Einberufung zur Wehrmacht geschützt, um bei den Kindern sein zu können.Eine Mitarbeiterin an der Ausgabestelle für Lebensmittelkarten versorgte die Familie heimlich mit Lebensmittelkarten, die sie verschwinden ließ. Juden erhielten nur 1/5 der Ration der Arier und waren am J auf der zugeteilten Lebensmittelkarte sofort identifizierbar und nutzten diese Lebensmittelkarten nicht gern. Die von der Mitarbeiterin der Ausgabestelle zugesteckten Marken halfen das lebensnotwendige unerkannt zu besorgen.
 Ein Nachbar Peter Neunzig, der in Uniform Heimaturlaub hatte, brachte mit dem Schutz seiner Uniform die Mutter einmal nachts zu den Kindern. 
 Besonders gefährdet war der nun schon 14 jährige Max, von dem auch die Familie nie genau wusste, wo er in einem Versteck untergekommen war. Auch hier waren Nachbarn öfter fintenreich hilfreich. Es gelang sogar Max unerkannt in die Hj einzuschleusen, wo er bei Schanzarbeiten vor Nachstellungen sicher war. 1944 war das Haus auf der Brunnenstraße nach einem Bombenangriff eine Ruine. Hilfe gab es allein in der Nachbarschaft. Die letzten Kriegstage verbrachten die Kinder im Bunker auf der Vitusstraße / Luisenstraße (heute überbaut) in einem versteckten Winkel, von dem der Vater von einem belgischen Zwangsarbeiter erfahren hatte.

Die Familie hat den Krieg überlebt, der Vater gezeichnet von den Strapazen des Kriegs stirbt 1955.
 Auf der Richard-Wagner-Straße gibt es bald nach Kriegsende eine Wohnung. Alte Dahler erinnern sich noch heute an tolle Feste, die sie als Jugendliche in dieser Wohnung am Wochenende mit Ruth feiern.
 In Dahl machen die Menschen kein Aufhebens von der Rettung dieser jüdischen Familie. Die, deren Familien beteiligt waren, haben es unter, das war doch „normal“ abgehakt. Die, die nicht beteiligt waren, wunderten sich, dass die Vergosens auf einmal nach dem Krieg wieder auftauchten. Die aktiven Nazis bleiben als alte Nazis in Erinnerung. Das Leben weiter zu leben ist für die Menschen nicht nur in Dahl nach dem Krieg jetzt wichtiger, als „alte Geschichten“ wach zu halten. 

Kreuznachbarschaft und Kommunistenviertel - 
wie passt das zusammen?

Dahl wurde mit der Industrialisierung zu einem Arbeiterviertel.

In der Analyse der Wahlen in der Weimarer Republik 1919-1933 kommt Schüngeler, Widerstand und Verfolgung in Mönchengladbach und Rheydt, Mönchengladbach 1985, zu dem Ergebnis, dass das Wahlverhalten der Wähler in Mönchengladbach durch ihre Religionszugehörigkeit deutlich geprägt ist. So erklärt er die durchweg stabilen hohen Stimmengewinne des Zentrums in der Stadt. 

Die Kreuznachbarschaft
In Dahl gibt es neben den beiden traditionellen Kirchwegen, dem Dahler Kirchweg und dem Ohlerkirchweg, die den Weg zur Pfarrkirche am alten Markt seit dem 16. Jhrd. weisen, seit 1854 ein deutliches äußeres Zeichen dieser Religiosität.

Anton Aretz aus Dahl lässt im Sommer 1854 auf seine Kosten in Dahl – wohl bereits an der Brunnenstraße 133-135 - ein Kreuz errichten, als Erinnerung an seine in Dahl verstorbene Frau. Ob es da schon die spätere Form der Kreuzstation hat, ist nicht bekannt. 
Noch im gleichen Jahr stiftet er der Pfarrgemeinde Gladbach 25 Thaler. Dieses Geld soll verzinslich von der Pfarre angelegt werden und aus dem jährlichen Zinsertrag von einem Thaler und 6 Silbergroschen das Kreuz alle vier Jahre neu angestrichen werden.
Zum Zeitpunkt der Stiftung kann man davon ausgehen, dass der wöchentliche Lohn eines Fabrikarbeiters und Webers bei etwa 2 Talern (1 Thaler = 30 Groschen) lag.


Neben vielen anderen Vereinen, die die Gemeinschaft der Menschen in Dahl stützen, bildet sich durch den Bau der Kreuzstation und der Stiftung schon vor 1900 die „Kreuznachbarschaft“. Die Satzung verpflichtet die Mitglieder nicht nur zur Pflege des Kreuzes und des Brauchtums, sondern auch zur Hilfe in Sterbefällen. Schon damals kam der Tod umsonst, aber die Beerdigung wollte auch damals schon bezahlt werden.
Name und Unterstützungsverpflichtung des Vereins nehmen eine Tradition in Dahl auf.
Von alters her waren die Männer in den drei Häusern rechts und links von der Wohnung des Verstorbenen verpflichtet, den Verstorbenen im Sarg zu Grabe zu tragen. 
Auch war es üblich geworden, am Gitter zur Kreuzstation einen Strumpf oder Holzschuh zu befestigen, damit der Trauerzug auf dem Weg von der Kirche in Hermges zum Friedhof in Ohler nach einem Totengedenken am Kreuz einen Obulus als Beitrag zu den Beisetzungskosten geben konnte. Dieser Brauch endete erst 2016 als in der Mitgliedschaft jeweils eine Haussammlung zugunsten der Begräbniskosten durchgeführt wurde.
 
Als die Kreuzstation wegen eines Verkaufs des Privatgrundstückes 2002 die Brunnenstraße verlassen musste, wird sie nicht aufgegeben. Der Vorstand der Kreuznachbarschaft setzte sich dafür ein, mit Hilfe von Sponsoren und der Stadt die Kreuzstation auf dem städt. Grundstück Ecke Landgrafenstraße / Brunnenstraße neu zu errichtet. 
 
Wie so vielen Vereinen erging es auch der Kreuznachbarschaft, Überalterung der Mitgliedschaft, fehlender Zuwachs durch neue Mitglieder führte in 2019 zur Auflösung des Vereins. Eigentum und Pflege der Kreuzstation und Sondernutzungsgenehmigung des städt. Grundstücks gingen auf die Pfarre St. Josef Hermges über. Das verbliebene Vermögen der Kreuznachbarschaft von rund 5000 Euro wurde zweckgebunden an vier gemeinnützige Einrichtungen ausgeschüttet: an das in Dahl gelegene Städtische Altenheim St. Kamillus, das DRK Mönchengladbach für die Jugendarbeit, die Drogenberatung und die katholische Pfarrgemeinde St. Josef für die Beschaffung eines Kletterturms für den Kindergarten am Dahler Kirchweg. 
 


 


Wie wichtig den Dahlern ihr Kirchgang war zeigt ein Vorgang im Zusammenhang mit dem Bau der Kirche in Hermges. 1896 wenden sich 69 Dahler Bürger mit einer Eingabe an den Oberpfarrer der Hauptpfarrkirche am Alten Markt gegen die angeordnete Eingemeindung von Dahl in den Pfarrbezirk Hermges. Vergebens wie sich zeigen sollte.

Soweit die religiöse Bindung, die sich auch in den Wahlergebnissen zeigt.

Das Kommunistenviertel

Die Bezeichnung Kommunistenviertel verdient sich Dahl mit den Wahlergebnissen in den 20er und 30er Jahren des 19. Jhrds.

In Dahl erreicht die KPD z.B. bei der Reichstagswahl 1932 bei einer Wahlbeteiligung von 78,9 % einen Stimmenanteil von 43,9%. Das Zentrum erreicht hier nur 34,1%. In Zahlen: von 1258 Wähler geben ihre Stimme ab, 533 für die KPD, 430 für das Zentrum. 
Kommunisten sind in Volkes Stimme in Dahl dabei nicht nur die gezählten Wählerstimmen, sondern alle die, die eine kritische Haltung zur Moral-und Soziallehre der katholischen Kirche öffentlich, das sind damals auch die vielen Kneipen auf der Brunnenstraße, äußern. 
Dirk Hespers erinnert sich in seinen Kindheitserinnerungen „Rot Mof“ so:
 „Leben oder Tod, Dahl bleibt rot!“, stand auf einer Hausfront, und sogar der kleine „Ruppsack“ (Dirk ist gemeint) wurde in den „Klassenkampf“ mit einbezogen. Der Metzger Müllstroh von der anderen Straßenseite des großväterlichen Anwesens war ein überzeugter, psychologisch geschickt agierender Kommunist. Oft nahm meine Mutter mich mit dorthin zum Einkaufen, und jedes mal wedelte der rote Schlächter mir mit einer Wurstscheibe unter der Nase herum: „Wie heißt das Kerlchen? Na, Kleiner sag es schon!“ Angesichts der verlockenden Leckerbissen hob ich dann das rechte Fäustchen und krähte einige Male „Heil Moschkau! Heil Moschkau!“ Erst dann gab er mir zur Belohnung die Wurstscheibe."
 
Wie leben aber Menschen, die Parteien mit absolut gegensätzlichen Zielen und Grundsätzen wählen in engen Nachbarschaften und Vereinen zusammen.
 Hier gibt vielleicht ein Lied von Dirk Hespers (1932-2018) die Antwort:

 Emm Dahl, emm Dahl es alles ejahl
 Im Dahl sind alle Menschen gleich
Doh vreäte se de Eijerkes mett de rüje Schal.
Da essen sie die Eier mit der Schale – die sind hart im nehmen
Dahler Blot, Dahler Blot; Dahler Blot iss jewiss ken Bottermelk
Dahler sind „echte Kerle“ (Bei der Buttermich ist der wichtigste Bestanddteil der Milch nicht mehr enthalten)
 Dahler Blot, Dahler Blot, is so joot.
 Dahler Blut ist gut – Auf Dahler kannst Du Dich verlassen
Sach, bös Du och vom Dahl?
Kommst Du auch aus Dahl?
Em Dahl is alles ejahl.
Da rötsche de kleene Kengerkes möt de näcke Vott duer drr Kanal.
Da rutschen die kleinen Kinder mit den nackten Po durch den Rinnstein – Dahler sind arm
Ob Kommunis oder Kirkekriss
Ob Kommunist oder Christ
emm Dahl is dat ejal.
Im Dahl macht das für die Menschen keinen Unterschied


Der Liedtext stimmt mit dem überein, was die hoch betagten Interviewpartner vom Dahl ihrer Kindheit erzählen. Sie erzählen aber auch, dass die Kirchen - und Parteizugehörigkeit nicht den ganzen Menschen ausmacht. Das Nächstenliebe – wie es die Religösen nennen oder Solidarität – wie es die Politischen nennen, das Leben und den Alltag, das Zusammenleben im Stadtteil meistens mehr bestimmt haben.


Von der Selbstversorgung zum Supermarkt

Für die Menschen in Dahl war wahrscheinlich noch bis in die 1850er Jahre, also bis um Beginn der Industrialisierung und der zunehmenden Möglichkeit und Notwendigkeit in Fabriken zu arbeiten, die Selbstversorgung aus Garten und kleinem Acker , die Ziege, oder sogar das Schwein, Hühner und Kaninchen die notwendige Grundlage, um ohne Hunger durch den Alltag zu kommen.
 Die Tätigkeit als Weber am Webstuhl im Haus verschaffte im Verlagssystem kein zuverlässiges Geldeinkommen, das den Lebensunterhalt sicherte., erst recht nicht die Situation als Tagelöhner. Konjunkturkrisen und Absatzflauten machten den Verdienst aus der Weberei oft zu einer unsicheren Lebensgrundlage.
 Die Hausweberei war ein mühsames Geschäft, zu dem vom Kleinkind bis zum Greis in der Familie jeder seinen Beitrag leisten musste, um auch nur das Nötigste zu verdienen. Der Webstuhl war im Besitz des Webers, der Verleger lieferte dem Weber das zu verarbeitende Material, das er fertig verarbeitet abholte und nach Gewicht oder Länge des Stoffes entlohnte. Der Hausweber war von der Zulieferung des Verlegers und von dem von ihm festgesetzten Preis vollkommen abhängig. 
 Zeitgenössische Quellen beschreiben diese Situation so: „Während der Meister am Webstuhl sitzt, säubert sein Weib ihm die Kette von allen Knötchen und Unreinheiten und die Kinder sitzen auf einem Schemel vor dem Spulrade und lassen durch ihre Trittbewegungen die Fäden von der großen Bobine (Spule) auf die kleinen Spulen ablaufen, die im Schiffchen befestigt werden, mit dem der Vatter durch die Kettfäden schießt…. Kinder von fünf Jahren sitzen dann in der unbequemsten Lage … und versäumen darüber die Schule.“
 
Die neben den oft 16 stündigen Arbeitstagen an 6 Tagen in der Woche notwendige Feld- und Gartenarbeit wurde von dem Chronisten als „den Körper und Geist stärkende Abwechslung“ bezeichnet. Angebaut wurden Kartoffeln, Möhren, Zwiebel, Bohnen, Kohl. Das konnte gut gelagert werden und war sättigend.

In dem Wohnkonzept der Siedlungen, die die Gladbacher Aktienbaugesellschaft für Fabrikarbeiter auch in Dahl an der Aktienstraße baute, ist das Idealbild der Selbstversorgung als eine Grundlage für das gesunde Leben noch lebendig. Zum Wohnhaus der Fabrikarbeiterfamilie gehörte ein Garten hinter dem Haus, ein kleiner Stall für Schwein, Ziege, Hühner oder Kaninchen als Grundlage für die weitgehende Selbstversorgung. So konnte auch mit geringem Lohn das Leben gesichert werden. Die Hausfrau und Mutter erhielt dazu erbauliche Hilfestellung durch die millionenfach vom Volksverein für das katholische Deutschland (Zentrale in Mönchengladbach) vertriebene Handreichung „Das häusliche Glück“.

Je stärker im Zuge der Industrialisierung Spezialisierung und Arbeitsteilung das Wirtschaftsleben bestimmten, desto geringer wurde die Bedeutung der Selbstversorgung. Der Einkauf von Lebensmitteln nahm zu und die Eigenarbeit ab.

Das Adressbuch der Stadt Mönchengladbach von 1927 macht es möglich einen Blick auf diese Entwicklung nach gut 50 Jahren stetigen Wachsens des Anteils der Fabrikarbeit in der Stadt im Stadtteil Dahl zu werfen.
 
 Hier lebten in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Fabriken die Menschen. Die konnten sich auf der Brunnenstraße, die gerade einmal 900m lang ist bei acht Lebensmittelgeschäften, vier Bäckern, drei Metzgern, zwei Milchhändlern und zwei Tabakwarenhändlern versorgen. Dazu kamen drei Friseure und drei Gaststätten.
Der Einzelhandel funktionierte damals so ähnlich wie die heutige „Kioskwirtschaft“. Ein kleiner Verkaufsraum meist im eigenen Besitz, Einsatz der ganzen Familie und von Teilen der Verwandtschaft im Geschäft, oft ein Familienmitglied, das aus Tätigkeit in Fabrik oder Verwaltung ein festes Einkommen zusteuerte. In diesen Geschäften wurden keine Reichtümer erworben, sondern der Lebensunterhalt oft mehr schlecht als recht verdient.

Von den 1927 existierenden 19 Einzelhandelsgeschäften bestanden 1972 noch 12: sieben Lebensmittelgeschäfte, drei Bäcker, ein Metzger, ein Milchhändler. Die Anzahl der Frisöre war mit drei gleichgeblieben, die Anzahl der Gaststätten hatten sich von 3 auf 6 verdoppelt.
Es gab noch nicht in jedem Haushalt mindestens einen PKW und was bis zuletzt bedeutsam war, in der Nachbarschaft kannte man sich und gegen Ende des Monats konnte man bis zum Ersten des nächsten Monats anschreiben lassen. Beim Wirt konnte man den legendären „Deckel machen“. Hier wartete dann der Bierdeckel mit dem Namen drauf auf die Bezahlung am nächsten Ersten.

Mit einem Blick in das Festheft des Fußballvereins Blau-Weiß-Dahl 05 aus dem Jahr 1965 findet man dort den Anfang, der zu den Veränderungen im Einzelhandel heute führt. Im Festheft inserierten fast alle Händler aus Dahl. Aber es gibt auch ein erstes Zeichen der Veränderung. Das größte Händlerinserat im Festheft kam von „Selgros“. 1962 gründete der Korschenbroicher Eugen Viehof zusammen mit seinem Schwager Gerhard Ackermanns in einer gemieteten Textilhalle an der Reyerhütte Selgro (Selbstbedienungs-Großmarkt) nach dem Vorbild amerikanischer Cash-&-Carry-Märkte. Hier übertrug er das Prinzig der Selbstbedienung vom Großhandel auf den Einzelhandel. Das war der Beginn einer rasanten Expansion dieses Konzeptes, das gerade in Mönchengladbach durch die vielen von der Textilindustrie aufgegeben Fabrikhallen mit großen Flächen und günstigen Mieten besonders gute Wachstumsbedingungen fand. Was hier wuchs führte aus der anderen Seite zu einem langsamen Aus des Tante Emma Ladens in der Nachbarschaft.
Auf der Brunnenstraße schloss der letzte Lebensmittelhändler Ecke Aktienstraße seine Türen am 21.Januar 2019.
Länger noch als die meisten Einzelhändler überlebten die Orte der Geselligkeit, die sich an manchen Stellen in den aufgegebenen Einzelhandelsgeschäften etablierten.
Die Anzahl der Gaststätten hatte sich seit 1927 auf sechs verdoppelt: Gaststätte Sibilla Walschott (Hausnummer41), Gaststätte Schützenhof (Bündgen)(69), Gaststätte „Blauer Bock“(129), Gaststätte „Zum Treppchen“(145),Gaststätte Wilhelm Jansen(162). Der „Schützenhof“ hielt sich am längsten. Dort wurde das letzte Bier am 30. Juni 2015 gezapft



Kleingärten in Dahl 
Der Garten im Grünen – 
zwischen Notwendigkeit und Freizeitvergnügen

Der Anfang
In Dahl gibt es bis heute zwei Kleingartenvereine, den 1932 gegründeten Verein „An der Landwehr Dahl“ und den 1924 in Hermges gegründeten Kleingartenverein. 1924 in Hermges gegründet muss dieser Verein das Gelände auf dem 1934 das Polizeipräsidium, der heutige Wissenscampus erbaut wurde, räumen. Erst nach mehreren weiteren Umzügen findet er 1955/56 in Dahl eine beständige Heimat auf dem Gelände einer aufgegebenen Kiesgrube, gemeinsam mit dem heutigen Freizeitpark Dahl.
Für die Gründung 1924 in Hermges macht es Sinn auf die Gründe für den Boom der Schrebergartenbewegung in der Weimarer Republik zurückzugreifen. Die Jahre zwischen 1924 und 1929 gelten als die Goldenen Zwanziger, die nach dem Ersten Weltkrieg durch politische und wirtschaftliche Stabilität kennzeichnet waren. Der nach der Revolution von 1918 gesetzlich verankerte acht Stundentag und die Absicherung der Löhne durch Tarifverträge schafften Zeit für die Gartenarbeit und das Bedürfnis gewonnene Freizeit zu gestalten.
Notzeiten
Schon 1931 bei der Anlage der Kleingartenanlage an der Landwehr Dahl hatte sich die Ausgangslage total verändert. Das Textil- und Bekleidungsgewerbe war vom Konjunkturabschwung in der Weltwirtschaftskrise bereits ab 1928 betroffen. Übergroße Lagerbestände drückten die Preise. Der Protektionismus im Welthandel brachte für die exportabhängige Textilindustrie in Gladbach-Rheydt große Nachteile. Der stockende Inlandsabsatz verschärfte die Krise. 1929 ruhte bereits rund ein Viertel der Gladbacher Baumwollspindeln. 1931 und 1932 gab es in den dortigen Baumwollspinnereien sogar nur eine Zwei-Tage-Woche.
Auf die extrem hohe Arbeitslosigkeit reagierte die Stadtverwaltung in der Stadt wie in anderen Großstädten im Rheinland mit Notstandsarbeiten als Pflichtarbeit für diejenigen, die aus der Arbeitslosenversicherung und der „Fürsorge“ herausgefallen waren. Die Notstandsarbeit sollte arbeitsintensiv sein - wahrscheinlich auch um sog. Drückeberger aus dem Unterstützungssystem zu schmeißen - und Werte schaffen. Neben der Kleingartenanlage an der Landwehr, die in einer aufgelassenen Kiesgrube errichtet wurde, wurde im Rahmen der Notstandsarbeit u.a. auch der Lauf der Niers begradigt. Bürgermeister Handschuhmacher beschriebt 1932 die Bezahlung so: „Was gezahlt wird, ist zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben.“
Gleichschaltung und NS Zeit
In den Jubiläumsschriften der beiden Vereine und des Kreisverbandes der Kleingärtner finden die politischen Veränderungen in der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur keinen Niederschlag.
In der Festschrift zum 40 jährigen bestehen des Kreisverbandes Mönchengladbach 1962 findet sich dieses Feststellung: „Das Jahr 1933 brachte im Verband keine Änderungen. In diesem und den folgenden Jahren verstand es der Verbandsvorsitzende Herr Hansen meisterhaft die kleingärtnerischen Interessen nicht durch die Politik erdrücken zu lassen.“Ähnlich steht es in der Festschrift des Rheydter Verbandes 1965: „Zum 1. Vorsitzenden wurde auf der Gründungsversammlung Gartenfreund Josef Scholmeisters gewählt, der mit Umsicht und Geschick bis zum Zusammenbruch 1945 die Interessen … der Rheydter Kleingärtner wahrnahm.“
Wie konnte das in Zeiten einer Diktatur, die alle Lebensbereich durchdrang gelingen?
Aufschluss gibt die Entnazifizierungsakte von Johannes Hansen. Diese Akte ist ein aufschlussreiches Beispiel dafür, wie die Menschen in der Zeit versuchten sich anzupassen, um mit ihrem Alltag und Leben unter der Diktatur zurecht zu kommen. Johannes Hansen 1894 geboren, Volksschullehrer und als Leiter der Gartenbauschule in Neuwerk anerkannter Fachmann war 1933 bereits 11 Jahre Vorsitzender der Kleingärtner in der Stadt. Bis 1933 war er als aktiver Katholik in seiner Heimatpfarre Neuwerk Mitglied des Zentrums und des Katholischen Lehrervereins. Als bis Ende Juli 1933 die Kleingartenvereine und deren Organisation von den Nazis „gleichgeschaltet“ , das heißt aufgelöst werden sollten und es drohte, dass die örtliche NSDAP jeweils stramme Mitglieder als Vorsitzende einsetzte, baten die Mitglieder des Kreisvorstandes Hansen in die NSDAP einzutreten. So gelang den Kleingärtnern das, was sie in Ihren Festheften beschrieben. Sie kamen ohne allzu große parteipolitische Beeinflussungen durch die Zeit, weil Hansen kein strammes Parteimitglied war, z.B wegen mangelnden Besuchs der Parteiveranstaltungen gemahnt wurde und unter Druck geriet, weil er im Winter auf die ideologischen Schulungen verzichtete. Es gab zwar „Ergebenheitserklärungen“, die die Sprache der Nazis aufnahmen aber auch stillen Widerstand z.B. gegen die Aufforderung jüdische Mitglieder auszuschließen. In einem Fall findet sich ein Schreiben eines jüdischen Mitglieds, das schließlich aus dem Verein austrat, um den Vorsitzenden Hansen vor weiteren Konsequenzen des hinhaltenden Widerstandes zu schützen. Die persönlichen Folgen seines ihm angeratenen Parteibeitritts hatte Hansen ab 1945 zu tragen. Er wurde mit dem Kriegsende aus dem Schuldienst entlassen. In einem Berufsverfahren gegen seine Einstufung im Entnazifizierungsverfahren als „Mitläufer“ wurde er schließlich als entlastet eingestuft, im März 1946 wieder eingestellt. Bis zu seinem Tod 1965 übernahm er wieder den Vorsitz des Kreisverbandes.

War der Kleingarten in den Goldenen Zwanzigern ein erholsamer Zugewinn, erweist er sich in den Notzeiten der Weltwirtschaftskrise, den Kriegsjahren und der Nachkriegszeit als notwendige Ergänzung zur Sicherung der Versorgung nicht nur der gärtnernden Familie sondern auch oft für deren Verwandschaft und Freundeskreis. 

...und heute? 
Beide Vereine haben bis heute in Dahl Bestand und freuen sich über eine lebendige Nachfrage bei frei werdenden Gärten. Bis heute ist der Kleingarten das Stück Erde, das dem Pächter gehört, das er gestaltet nach seinen Ideen - heute manchmal im Konflikt mit den Gestaltungs- und Nutzungsvorgaben der Gartenordnung. Und wie so oft sind die heutigen Klagen über das Engagement bei den notwendigen Gemeinschaftsarbeiten in der Vereinsanlage und der Bereitschaft Vorstandsarbeit zu übernehmen auch schon hundert Jahre alt, wie Oberbürgermeiter Franz Gielen schon 1925 klagt: „Wir brauchen Einigkeit in unseren Reihen, denn … es gibt reichlich Laue in den Vereinen, ja sogar in den Vorständen.“ 
Die 51 Kleingärten in der Stadt sind heute, wie die beiden Anlagen in Dahl, ein wichtiger Bestandteil des Grüns in der Stadt.


Die Borussia von Dahl

Die Vorgeschichte
Am 1.6.1861 hatte der Reichstag das Verbot der Sonntagsarbeit beschlossen, am 1.7.1862 sollte es angewandt werden, allgemein durchgesetzt galt es aber wegen mangelnder Kontrolle und wegen großer Unsicherheit der Fabrikarbeiter sich gegen Verstöße zur Wehr zu setzen aber erst ab ca. 1900.
 Sicher ist der freie Sonntag einer der Gründe, weshalb um 1900 die Fußballvereine im ganzen deutschen Reich wie Pilze aus dem Boden sprießen. In der damaligen Stadt Gladbach mit 22.000 Einwohnern gab es 1901 bereits 22 Fußballklubs. 


 Die geistliche Obrigkeit in der Stadt anerkannte, dass „ein starker, gefestigter Körper einer energischen zielbewussten Tätigkeit der Seele nur förderlich sein könnte“, beklagte aber aufs bitterste, „dass der Kirchenbesuch am Sonntag durch das Fußballspiel leide, nach dem Sport die Kneipe besucht werde und es zu unschicklichen Kontakten zum weiblichen Geschlecht komme.“ 



 In Sichtweite des Wasserturms in Dahl auf dem heutigen Gelände des Ernst-Reuter-Sportanlage war schon 1894 der FC 94 heute 1.FC Mönchengladbach durch den Sportlehrer H. C. Heesch geründet worden. Dieser Verein wurde nicht die Heimat der Dahler Jugend, weil das der Verein der „feinen Leute“ war, mit einem eigenen Sportplatz und bald auch der ersten Tribüne in Westdeutschland und einem Fassungsvermögen der ganzen Anlage von bis zu 20.000 Zuschauern.

Die Anfänge  
Die Dahler machten es selbst und einfach. In Dahl trafen sich 1904 allabendlich eine Reihe junger Männer in der kleinen Sandgrupe in der Nähe der Anstalt Hephata. Aus einer Schweinsblase und einem Stück Leder hatten sie sich einen Ball gebastelt und tobten sich zwischen zwei Toren aus. 1905 ging aus dieser Gruppe der Fußballklub Borussia Dahl 05 hervor. Damit gab es nun neben dem 1900 in Eicken gegründeten Fussball Club Borussia eine zweite Borussia in der Stadt.
 
 Von 1905 bis 1911 spielte der Verein „wild“ ohne Mitglied in einem Verband zu sein. Alle Spiele mit anderen Vereinen wurden selbst organisiert, man gehörte keiner Leistungsklasse an und spielte auch noch nicht um „Meisterschaften“. Das änderte sich 1911, als der Verein auf seinen Antrag nac einem Probespiel in den Rheinisch Westfälischen Spielverband mit der 1. Mannschaft in die Klasse B aufgenommen wurde. Im August 1915 beendete der 1. Weltkrieg den Spielbetrieb, weil der Besitzer den Platz im Rahmen der Kriegswirtschaft als Acker nutzen musste. Im September 1919 hatte die Vereinsmitglieder einen Platz in der Nähe des Speicker Bahnhofe soweit hergerichtet, dass dort das erste Spiel nach dem Krieg wieder stattfinden konnte. Der Verein wuchs ständig und konnte bis zu sieben Mannschaften in der Zukunft in den unterschiedlichen Klassen aufstellen.
 Anfang der 30er Jahre hieß es aber wieder die Ärmel aufkrempeln, der Pachtvertrag des Platzes lief aus. Die Stadt nutze ihn als Müllabladeplatz. 


 Endlich angekommen
 Dort, wo heute das Neubaugebiet Ohligsheide zwischen Dahler Kirchweg, Brunnenstraße und Aktienstraße entsteht, war die neue Heimat des Vereins. Wie schon bei der Errichtung der Kleingartenanlage Dahl, war auch hier eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme eine willkommene Unterstützung für die von den Vereinsmitgliedern geleistete Arbeit. Am 23. Septmber 1932 konnte hier der Spielbetrieb aufgenommen werden. Wieder war es ein Krieg, der von Deutschland ausging, der den Spielbetrieb von 1939 bis 1945 zum erliegen brachte.

NS Zeit
Nichts erfährt man aus den Festschriften, die nach 1945 erscheinen über die Zeit unter dem Regime der Nationalsozialisten. Was bedeutete es für die Jugendarbeit, auf die der Verein stolz war, dass jeder Junge ab 1936 in Deutschland an den Treffen und Veranstaltungen der Hitlerjugend teilnehmen musste, die Hitlerjugend (HJ) zur obligatorischen Jugendbewegung wurde, und den Turn- und Sportvereinen verboten wurde, Turnen, Spiel und Sport für Kinder und Jugendliche anzubieten. Wie sah unter diesen Bedingungen die Jugendarbeit aus, die in der Borussia von Dahl weiter betrieben wurde, Festhefte der Nachkriegszeit zeigen stolz weiter Jugendmannschaften aus dieser Zeit. Was bedeutete es, dass alle Sportvereine ab Dezember 1938 dem von der NSDAP betreuten Nationalsozialistischer Reichsbund für Leibesübungen (NSRL) unterstellt waren und die Gauleiter der NSDAP nun das Sagen hatten? Fragen, die sich aus den wenigen Quellen nicht mehr beantworten lassen.


Eigener Platz mit Turnhalle
Die Vereinsmitglieder, die nicht im Krieg gefallen oder in Kriegsgefangenschaft waren, packten 1945 erneut an, verfüllten die Bombentrichter auf dem Sportplatz und ließen den Ball wieder rollen. Was an Ausstattung benötigt wurde, besorgte man durch „kompensieren“ (Tauschgeschäfte). Auch das Verbot aller Vereine, die während der NS Zeit bestanden hatten, im Sommer 1946 durch die Militärregierung, störte die Vereinsarbeit nur wenige Minuten. Am 5.9.1946 löste eine Mitgliederversammlung, die von 90 Mitgliedern besucht wurde den Verein Borussia Dahl 05 auf. Jedoch nicht ohne vorher die Besitzverhältnisse des Vereins zu klären. Die Kasse hatte einen Bestand von 540 Mark, bei einem Vereinsmitglied war noch ein Außenstand von 590 Mark für die Beschaffung von Trikots und Schuhen zu begleichen, so dass kein Vereinsbesitz an die Militärregierung abzuführen war. Unmittelbar im Anschluss an die Auflösung gründeten die Mitglieder den Sportverein Blau-Weiß 05 Dahl am gleichen Abend.
 1949 konnte der Verein die aufgelaufenen Pachtschulden ablösen und das Gelände des Sportplatzes erwerben. 1957 erhielt der Verein aus Totomitteln des Fußballverbandes Niederrhein einen ansehnlichen Geldbetrag um Spielfeld und Böschungen zu überarbeiten. Da diese Arbeiten fast ausschließlich in achtmonatiger Arbeit in Selbsthilfe erledigt werden konnten, wurde ein Teil der Fördermittel nicht ausgegeben. Mit Zustimmung des Fördermittelgebers wurde dieses Geld als Grundstock für den Bau des Vereinsheimes mit Turnhalle und Wohnung für den Platzwart genutzt. Die Festschrift zur Eröffnung am 24.Juni 1961 verrät viel über die Hindernisse, die noch überwunden werden mussten. 90 % des Vorhabens wurden in Eigenleistung erbracht. Noch heute ist der Stolz derjenigen zu spüren, die dabei waren, wenn sie davon erzählen, wie sie Fundamente mit Spaten und Schaufel ausgehoben haben, die Hohlblocksteine in der Grube Becker auf dem Gelände des heutigen Freizeitparks in Handarbeit an Wochenenden hergestellt haben, Die finanzielle und ideelle Unterstützung des Kleiderfabrikanten Leo Classen, dessen Fabrik die gesamte Fläche der heutigen Mehrfamilienhäuser um den „Marktplatz“ auf der Brunnenstraße bedeckte, weitere Zuschüsse von Stadt und Land trugen zur Vollendung bei. Bis 1995 erfüllten die Gebäude für den Vereinssport und den Schulsport ihren Zweck. 

Die Spieler, Trainer, Betreuer, Vereinsvorstände des Vereins kamen aus Dahl. Kurt Kochen, geb 1945, seit Kindesbeinen Spieler im Verein, Jugendbetreuer, Schiedsrichter über alle Klassen bis zu Spielen der Nationalmannschaft beschreibt das eindrücklich. „Mit 12 / 13 wechselte ich mit zwei Freunden zum 1. FC Mönchengladbach, räumlich nur von unserem Sportplatz auf der Brunnenstraße zum Platz des 1. FC auf die Hügelstraße – ein Steinwurf weit. Aber was dann geschah, habe ich nicht ausgehalten, ich wurde auf dem Schulhof gemieden, keiner spielte mehr mit mir, den Platz an der Brunnenstraße durfte ich nicht mehr betreten – „Geh doch zum FC“ schubste man mich weg. Ich kehrte reumütig zu Blau-Weiß zurück.“ 
 Das war wohl bis in die 70er Jahre so. Die Jugendlichen aus Dahl band man an den Verein durch attraktive Auswärtsfahrten, die in die USA, nach Kanada, Thailand, Jordanien und China führten. 


Der Weg ins Aus

Klagten die Verbandsvertreter bereits in den 50er Jahren über die Bedrängnisse des Amateursports durch die Kommerzialisierung, die von Außen herangetragen wurde, wurde sie diesem kleinen über viele Jahrzehnte bodenständigen in Notsituationen von örtlichen Sponsoren unterstützten Verein in den 80er Jahren zum Verhängnis. Unter den leistungsstarken Spielern im Rheinland erzählte man sich unter vorgehaltener Hand, dass es nirgendwo soviel Geld gebe wie in Dahl. Das dicke Ende kam, als der allein handlungsbevollmächtigte Vorsitzende in einer Mitgliederversammlung am XY mitteilte, dass der Verein 70.000 DM Kredite der Stadtsparkasse nicht mehr bedienen könne und er den Verkauf des Vereinsgeländes einschließlich Vereinshaus und Wohnung des Platzwartes vorbereitet habe. Der Verkaufserlös reiche, um die Kredite bei der Stadtsparkasse abzulösen, der Verein könne noch weitere zwei Jahre kostenfrei die Vereinsanlage nutzen. Die Mitglieder, schockiert und voller Sorge vor persönlichen Haftungsfolgen stimmten dem Verkauf zu. Spieler, die keine Bezahlung mehr erhielten, verließen den Verein sofort. Der Spielbetrieb wurde eingestellt. Die Geschichte des Vereins endet im 90sten Jahr seines Bestehens 1995. 


Turnhalle und Wohnhaus des Platzwartes wurden niedergelegt, der Platz eingeebnet. 
 Ab Frühjahr 2024 wurden auf dem ehemaligen Gelände des Sportvereins Blau-Weiß 05 die Wohnhäuser errichtet. Der Bebauungsplan dazu war bereits 2001 vom Rat der Stadt beschlossen worden.